Planspiele in Petri

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# Minden-West

Planspiele in Petri

„Stellen Sie sich vor, die Weser tritt über die Ufer und reißt all Ihre Kirchen und Gemeindehäuser mit“: Ganz so dramatisch wie das von Superintendent Michael Mertins vorgestellte Gedankenspiel ist die Lage in der Weserstadt nicht. Doch was auf der Zukunftskonferenz der Mindener Gemeinden links der Weser überspitzt durchgespielt wurde, betrifft ganz praktische Fragen: Was sind die Herzensorte in den Gemeinden, und wo kann Gemeinde sein, wenn manche Orte nicht mehr zur Verfügung stehen?

Dicht gedrängt saßen die Delegierten im Gemeindehaus St. Petri. Statt der erwarteten zwei Dutzend waren über 40 Teilnehmende zur Zukunftskonferenz für Minden-West gekommen. Als Teil des Zukunftsprozesses im Kirchenkreis treffen sich Vertreter der Gemeinden aus den neuen Planungsräumen Minden-West, Minden-Ost und Porta Westfalica-Nord, Hille und Petershagen regelmäßig, um gemeinsam die Regionalisierung voranzutreiben und neue Ideen für das kirchliche Leben von morgen zu entwickeln. Sie tun dies entweder in kleineren Zukunftsräten oder im großen Plenum der Zukunftskonferenzen, wie an diesem Tag zu Gast bei Mindens reformierter Gemeinde.

Für die Delegierten ging es um Themen wie geeignete Wege, um die übergemeindlichen Strukturen bekannter zu machen, oder die Gestaltung gemeinsamer Aushänge. Aber beherrschend war ein Thema, das Gemeinden über Konfessionsgrenzen hinaus beschäftigt: der Gebäudebestand. Wie viele Kirchenkreise, so hat auch Minden neben mittelalterlichen Stadt- und Landkirchen viele Immobilien aus der letzten großen Wachstumsphase in den 1960er und 70er Jahren. Bevölkerungswachstum, nicht zuletzt durch Heimatvertriebene, Wirtschaftswunder und die Entwicklung neuer Formen des Gemeindelebens sorgten damals für Bedarf nach neuen Orte. Der Pillenknick und eine immer säkularere Gesellschaft bedeuten heute, dass diese Gebäude weniger genutzt werden, aber gerade jetzt in ein Alter kommen, das mit höheren Unterhaltskosten einhergeht. Auch wenn keine Weserflut kommt, ist die Herausforderung klar, wie Superintendent Mertins feststellte: Rund 40 Prozent der Gebäudekosten, wenn auch nicht der Gebäude, müssten in absehbarer Zukunft eingespart werden. 

Zuerst durfte positiv überlegt werden, welche „Herzensorte“ die Teilnehmenden denn hätten: Gemeindehäuser wurden genannt, aber auch nicht-kirchliche Orte wie das Stadttheater, und immer wieder: die Welt da draußen, an der frischen Luft. Vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal zum botanischen Garten und ans Weserufer reichten die Vorschläge. Sie zeigten nicht nur die Vielfalt der räumlich kleinsten, aber am dichtesten besiedelten Region im Kirchenkreis. Aus den Vorschlägen wurde auch klar, dass Kirche-Sein, Gemeinschaft-Erleben, gemeinsames Lernen und spirituelle Erfahrungen nicht auf einzelne Gebäude aus Holz, Stein oder Beton begrenzt sein müssen. 

Kontroverser dann die Negativfrage: Was, wenn Gebäude durch Flut, Erdrutsch oder eben durch Kostendruck aufgegeben werden müssen? Wie geht Gemeindeleben dann in der Praxis? Die in einzelne Gemeindegruppen aufgeteilten Teilnehmenden beantworteten die Herausforderung auf ganz unterschiedliche, charakteristische Weise: Während einzelne Gemeinden sich mit voller Kraft gegen die Flut stemmen wollen, können andere sich pragmatisch Kooperationen mit Nachbargemeinden oder lokalen Partnern vorstellen. Von der Krankenhauskapelle oder der Kirche der Nachbargemeinde bis zum örtlichen Mühlenverein reichten die Vorschläge, die teilweise bereits gelebte Praxis sind.

Trotz der potenziell kontroversen Themen gingen die Teilnehmenden die Diskussionen gut gelaunt an und zeigten Kreativität auf der Suche nach neuen Lösungen und die ersten Anzeichen für ein gemeinsames Gemeindeleben über alte Grenzen hinweg.

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